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Keine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung! - offener Brief an Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger

Gemeinsam mit 47 weiteren Organisationen und Verbänden aus Zivilgesellschaft, Berufsverbänden und Wirtschaft hat das FIfF einen offenen Brief an die Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger gerichtet. Wir wenden uns damit gegen die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung, die kürzlich vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig und nichtig erklärt worden ist.

Bei der Vorratsdatenspeicherung werden sensible Daten ohne Anlass gespeichert, die weitgehenden Aufschluss über die Persönlichkeit und das Umfeld aller Bürgerinnen und Bürger möglich machen. Mit den technischen Möglichkeiten der Datenauswertung können zum Beispiel detaillierte Bewegungsprofile und Informationen über soziale Netzwerke, Geschäftsbeziehungen und persönliche Kontakte ermittelt werden. Durch die zunehmende Verbreitung von Mobiltelefonen und Smartphones trägt jeder praktisch einen Peilsender ständig bei sich – die dabei anfallenden Daten sind hochsensibel und müssen schnellstmöglich gelöscht, anstatt auf Vorrat gespeichert zu werden.

Sicherheitspolitiker und Strafverfolgungsbehörden sind bis heute den Nachweis schuldig geblieben, dass das Speichern der Vorratsdaten der einzige Weg ist, einen besseren Schutz vor Straftaten und eine bessere Aufklärung und Strafverfolgung zu erreichen. Bereits heute können Behörden auf Daten zurückgreifen, die zu Abrechnungszwecken bei den Telekommunikationsanbietern verfügbar sind. Im Verdachtsfall können diese Daten – auf richterliche Anordnung – eingefroren und für Ermittlungen genutzt werden. Eine darüber hinausgehende Speicherung für ein halbes Jahr stellt einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte potentiell aller Bürgerinnen und Bürger dar.

Durch die Vorratsdatenspeicherung entstehen riesige Datenbestände. Die Datenskandale der letzten Wochen und Monate haben gezeigt, wie leicht sich Unbefugte solche Datenbestände verschaffen können. Das hat auch das Bundesverfassungsgericht erkannt und einen besseren Schutz angemahnt – es ist aber praktisch kaum möglich, einen effektiven Schutz der Daten sicherzustellen. Angesichts der weitgehenden Informationen über intimste persönliche Details kann die Lösung nur lauten, die Daten unverzüglich zu löschen.

Besonders konservative Sicherheitspolitiker versuchen, mit Angstmache und Horrorszenarien einer scheinbar allgegenwärtigen Terrorgefahr das Projekt der umfassenden Überwachung der gesamten Bevölkerung durchzusetzen. Auf konkrete Nachfrage werden dann häufig Beispiele genannt, die sich im Bereich von Bagatelldelikten bewegen oder für deren Aufklärung eine Vorratsdatenspeicherung nicht erforderlich war.

Das FIfF fordert gemeinsam mit den weiteren unterzeichnenden Organisationen die Bundesregierung auf, das Projekt Vorratsdatenspeicherung endlich zu beenden und auch in Europa darauf hinzuwirken, dass die entsprechende Richtlinie verworfen wird.