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Editorial FIfF-Kommunikation 2/2010

FIfF-Kommunikation 2/2010 "Politik im Netz - Politik für das Netz"

Frankfurt am Main, Freitagabend, 21. Mai 2010

Wieder eine Woche vorbei. Morgen geht es nach Köln zur SIGINT (frühmorgens um sechs, weil mein Auto beim Standaufbau gebraucht wird). Das Wetter ist seit heute nachmittag auch besser – könnte ein spannendes Wochenende werden. Und das Heft ist auch fast fertig.

Jetzt noch das Editorial.

Der Schwerpunkt für dieses Mal war schon länger geplant: Politik im Netz – Politik für das Netz. Jetzt passt er genau. Gerade hat sich im Bundestag die Enquête-Kommission Internet und digitale Gesellschaft konstituiert. Netzpolitik steht endlich auch dort auf der Agenda.

Die Themenbereiche der Kommission würden für die Schwerpunkthefte von 1-2 Jahren ausreichen: Kultur und Medien. Wirtschaft und Umwelt. Bildung und Forschung. Verbraucherschutz. Recht und Inneres. Gesellschaft und Demokratie. In dieser Ausgabe wollen wir einen allgemeinen Überblick über netzpolitische Themen geben.

Stefan Hügel beginnt mit einer Einführung in die Themenbereiche der Netzpolitik. Dabei unterscheidet er zwischen Politik im Netz – wie kann das Netz genutzt werden, um politische Inhalte zu tranportieren und die Demokratie zu fördern – und Politik für das Netz – welche politischen Weichenstellungen sind notwendig, um das Netz selbst als Kommunikationsraum zu erhalten und auszubauen? Leider geschah das in vergangener Zeit allzu häufig in Form von Abwehrkämpfen – gegen den allgegenwärtigen Datenhunger und den Wunsch, das Netz zu kontrollieren. Aber das muss ja nicht so bleiben.

Träger unserer parlamentarischen Demokratie sind die Parteien. Sie werden damit auch die Enquête-Kommission gestalten – was liegt also näher, als sie selbst zu Wort kommen zu lassen. Wir haben Vertreterinnen und Vertreter der Bundestagsfraktionen in der Kommission eingeladen, ihre Positionen darzustellen. Es freut uns sehr, dass alle unserer Einladung gefolgt sind. Auch die Piratenpartei – die ohne Mandat im Bundestag auch in der Enquête- Kommission nicht vertreten ist – haben wir um einen Beitrag gebeten. Das Ergebnis ist ein Überblick aus Sicht der Parteien, wie sie Netzpolitik gestalten wollen.

Beinahe wichtiger als die Bundespolitik ist inzwischen die Politik auf europäischer Ebene – auch wenn sie in der Berichterstattung der Medien oftmals immer noch ein Schattendasein führt. Viele Entscheidungen, die als Entscheidungen des Bundestages daherkommen, sind „lediglich“ die Umsetzung Brüsseler Richtlinien. Deshalb müssen wir uns mit europäischer Politik befassen – Joe McNamee, Vertreter von EDRi in Brüssel, stellt die aktuellen Themen dar.

Abschluss dieses ersten Teil des Schwerpunkts bildet der Beitrag von Henning Tillmann zur Netzpolitik der SPD – auch außerhalb der Enquête-Kommission.

Im zweiten Teil des Schwerpunkts behandeln wir spezielle Themen. Die Piratenpartei, erst vor kurzem gegründet, hat bei den letzten Bundestagswahlen einen Achtungserfolg erzielt: 2,0% reichten zwar nicht zum Einzug in den Bundestag, sind aber ein besseres Ergebnis, als das der Grünen bei ihrer ersten Wahl. Henrique Ricardo Otten und Nils Matzner setzen sich mit dem Phänomen Piratenpartei auseinander.

Neben neuen Inhalten tritt die Piratenpartei auch mit dem Anspruch an, neue Verfahren der demokratischen Willensbildung auszuprobieren und zu etablieren. Dabei setzen sie stark auf technische Medien. Liquid Democracy ist ein Ansatz dafür, den Daniel Reichert und Friedrich Lindenberg darstellen.

Womit wir wieder in Europa wären. Die Netzsperren-Initiative von „Zensursula“ schien gerade überwunden, da kam sie in ähnlicher Gestalt zurück. „Censilia“ – EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström – plant nun das gleiche auf europäischer Ebene. „Und ewig grüsst das Murmeltier ...“

Zuletzt schauen wir in unser Nachbarland Frankreich. La Quadrature du Net setzt sich dort für Bürgerrechte ein – Jeremy Zimmermann berichtet davon.

Das wohl einschneidendste netzpolitische Ereignis der letzten Jahre bildet den Auftakt zum aktuellen Teil: die Vorratsdatenspeicherung. Gerade hat das Bundesverfassungsgericht ihre deutsche Umsetzung für verfassungswidrig erklärt. Aber die Diskussion ist noch nicht beendet. Stefan Hügel zeichnet die Geschichte der Vorratsdatenspeicherung nach und gibt einen Überblick über das Urteil und die Reaktionen darauf.

Dazu kommen die aktuellen Berichte: Das International Commitee for Robot Arms Control (ICRAC) setzt sich für Begrenzung und Verbot einer Waffentechnik ein, bei der Computer entscheiden, wen sie wo und wann töten. Ein offener Brief appelliert an die Bundesjustizministerin, die gerade abgeschaffte Vorratsdatenspeicherung nicht gleich wieder einzuführen, und unsere Schwesterorganisation DVD nennt Eckpunkte für ein zu schaffendes Arbeitnehmerdatenschutzgesetz.

Zuletzt ein Hinweis in eigener Sache: Aufmerksamen Leserinnen und Lesern mag auffallen, dass dieses Mal überdurchschnittlich viele Beiträge aus der Redaktion stammen. Dies liegt nicht an einer ausgeprägten Profilneurose, sondern weist auf die Schwierigkeiten einer in ehrenamtlicher Arbeit entstehenden Publikation hin: Leider konnten einige Artikel nicht wie geplant erscheinen. Umso mehr: Herzlichen Dank unseren Autorinnen und Autoren!

Wir wünschen unseren Leserinnen und Lesern eine interessante und anregende Lektüre.

Stefan Hügel und Carsten Büttemeier für die Redaktion