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FIfF Jahrestagung: Cyberpeace -- Frieden gestalten mit Informatik

vom 25.-27.10.2013 im Artur-Woll-Haus an der Universität Siegen - Pressemitteilung vom 30.10.2013

Im Zentrum der 29. FIfF-Jahrestagung, die am vergangenen Wochenende unter dem Motto Cyberpeace an der Universität Siegen stattfand, stand die Auseinandersetzung mit dem Einsatz der Informationstechnologie zur Kriegsführung, Spionage und Überwachung aber auch mit ihrem emanzipatorischen Potential im Sinne der Aufklärung und politischen Willensbildung, der Schaffung einer kritischen Gegenöffentlichkeit und der Organisation von Protest. Von den rund 100 ExpertInnen und Interessierten wurden in Vorträgen und Arbeitsgruppen Strategien diskutiert, dem anhaltenden Cyberwar die positive Vision eines Cyberpeace entgegen zu setzen, das Wettrüsten mit Cyberwaffen zu beenden, Erkenntnisse und Produkte der Informatik friedlich zu nutzen, digitale Rechte zu etablieren und im virtuellen Raum 'safe places' für NutzerInnen und AktivistInnen zu schaffen.

Einig waren sich die Vortragenden darin, dass die aktuelle Spähaffäre dem Tagungsthema zusätzliche Aktualität und Dringlichkeit verliehen hat. Die von den USA und anderen eingesetzten Programme zur militärischen und geheimdienstlichen Aufklärung, stellen nicht nur einen massiven Eingriff in die Privatsphäre von TelekommunikationsnutzerInnen dar, sondern dienen eben auch der Ausspähung politischer Angriffsziele und der Vorbereitung digitaler Kriegsführung. Kai Nothdurft, Mitglied des FIfF-Vorstandes, bedankt sich im Rahmen der Tagung bei dem Whistleblower Edward Snowden, für dessen Schutz sich das FIfF gemeinsam mit anderen bürgerrechtlichen Organisationen einsetzt. „Ohne diesen mutigen Menschen würde das, was wir bislang über das Ausmaß der weltweiten Telefon- und Internetüberwachung nur vermutet haben, wohl immer noch als paranoid gelten. Nun wissen wir, dass das tatsächliche Ausmaß unsere kühnsten Vorstellungen noch übersteigt“, so Nothdurft.

Auf der Mitgliederversammlung des FIfF wurden neben dem alljährlichen Bericht des Vorstandes  gemeinsame Forderungen des FIfF zum Cyberpeace verabschiedet. Das FIfF positioniert sich damit erneut gegen die informatikgestützte Kriegsführung, die seit seiner Gründung zu den Kernthemen zählt. Cyberpeace beinhaltet aber mehr als diese Kritik. „Cyberpeace ist  der Gegenentwurf zu den Dystopien des totalen Überwachungsstaates, der Gegenentwurf zu den Kassandrarufen, Privatsphäre war gestern, der Gegenentwurf zur Gleichgütigkeit“, wie der stellvertretende FIfF-Vorsitzende Dietrich Meyer-Ebrecht hervorhob. 

Ebenfalls im Rahmen der Versammlung fand die Neuwahl des FIfF-Vorstandes statt. Stefan Hügel wurde erneut als Vorsitzender, Dietrich Meyer-Ebrecht als sein Stellvertreter gewählt. Als BeisitzerInnen gewählt wurden: Eberhard Zehendner, Werner Winzerling, Rainer Rehak, Ingrid Schlageck, Sylvia Johnigk, Kai Nothdurft, Jens Rinne, Hans-Jörg Kreowski und Britta Schinzel. 

Im Rahmen einer Feierstunde wurden auf der Tagung zum dritten Mal herausragende Qualifikationsarbeiten mit dem FIfF Studienpreis prämiert. Ausgezeichnet wurden die Arbeiten von Daniel Spittank: Auswahl und Gestaltung mobiler Informatiksysteme für den Einsatz im Informatikunterricht mit dem ersten Preis, Agata Królikowski: 'Due to legal Issues' - Packet Inspection mit dem zweiten und Julia Hofmann: Zweckgebundener Datenbrief für das Identitätsmanagementsystem mittels Web-basiertem Benutzerinterface mit dem dritten Preis. Eine Sonderurkunde für gesellschaftliche Relevanz erhielt Helge Peters für seine Arbeit Biopolitical Simulations: Governing Live in FuturICT. Wie die Mitglieder der Auswahlkommission in ihren Laudationes hervorhoben, befassen sich alle Arbeiten auf hohem wissenschaftlichen  Niveau mit aktuellen gesellschaftlichen Themen wie Big Data, Datenschutz und einer mündigen Teilhabe an der digitalen Gesellschaft. Herzlichen Glückwunsch an die PreisträgerInnen!

Forderungen des FIfF zum Cyberpeace

  1. Verzicht auf Erstschlag und Offensive im Cyberspace: Staaten sollen öffentlich darauf verzichten, Cyberwaffen präventiv zum Angriff einzusetzen.
  2. Rein defensive Sicherheitsstrategie: Staaten sollen sich verpflichten, keine Offensivwaffen für den Cyberwar zu entwickeln oder gar einzusetzen.
  3. Digitale Genfer Konvention: Für die Zivilbevölkerung lebenswichtige Infrastrukturen wie Strom-, Wasser-, Gesundheitsversorgung, etc. dürfen nicht angegriffen werden. Eine Verletzung dieses Grundsatzes soll als Kriegsverbrechen gelten.
  4. Onlineprotestformen dürfen nicht kriminalisiert werden geschweige denn als Kriegsgrund herhalten.
  5. Wirtschaftliche Interessen, wie ein Verstoß gegen Intellectual Properties, sind kein legitimer Kriegsgrund.
  6. Konventionelle Waffen dürfen nicht als Antwort auf eine Cyberattacke eingesetzt werden.
  7. Staatliche Stellen, Unternehmen und Bürger müssen zur Offenlegung von Schwachstellen verpflichtet werden (ableitbar aus dem Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität Informationstechnischer Systeme, das der Staat schützen muss).
  8. Betreiber kritischer Infrastrukturen müssen verpflichtet werden, sich selbst zu schützen, bzw. IT-Systeme sicher zu gestalten, zu implementieren und zu betreiben, anstatt nach dem Staat oder gar Militär zu rufen.
  9. Kompetente, transparente Prüfungen und Tests müssen Voraussetzung für eine Betriebserlaubnis sein.
  10. Wir fordern Entnetzung und Dezentralisierung kritischer Infrastrukturen (wie z.B. DE-CIX).
  11. Abrüstung der politische Sprache: Klare Trennung von Cyberwar, Cyberterror, Cybercrime, Ethical Hacking, politischen Protestformen.
  12. Demokratische Kontrolle, Gewaltenteilung, Parlamentsvorbehalt für Cybersicherheitsstrategie und deren Umsetzung.


Das FIfF

Das Forum Informatikerinnen und Informatiker für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e.V. (FIfF) ist ein Zusammenschluss von ca. 700 Fachleuten aus der Informatik, dem IT-Bereich und IT-nahen Berufsfeldern, die sich kritisch mit den Auswirkungen des IT-Einsatzes in unserer Gesellschaft auseinandersetzen. Zu den Aufgaben des FIfF zählen die Information der Öffentlichkeit, wissenschaftliche Studien und Beratung.