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Presseerklärung des FIfF e.V. zur Existenzberechtigung des Verfassungsschutzes

Wir haben das Vertrauen verloren in einen Verfassungsschutz, der seit Jahren rechten Terror verharmlost und linken Bürgerrechtlern misstraut und sie bespitzelt. Seit Jahren berichten die Medien über national befreite Zonen, von Rechten Zusammengeschlagene an Autobahn-Raststätten, über Hetzparolen bei rechten Auftritten, über Ausländer und Deutsche, die sich nicht in den Osten Deutschlands wagen. Wir haben Mölln, Solingen und Hoyerswerda nicht vergessen.
Um die Bundesjustizministerin zu zitieren: "Gibt es ein fester gefügtes rechtsextremistisches Netzwerk in Deutschland, als bisher angenommen wurde und auch festgestellt wurde?"
Am 18. November 2011 haben sich die Innenminister über Maßnahmen in der Folge der Morde durch drei Rechtsterroristen geeinigt - ja, auf was eigentlich? Sie wollen die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Nachrichtendiensten verbessern und dazu eine Zentraldatei einrichten.

 Das rechtliche Instrumentarium für Prävention und Strafverfolgung reicht aus

 Die Sicherheitsbehörden müssen es nur nutzen wollen, aber an diesem Wollen müssen wir zweifeln. Es fehlt nicht an Information, es fehlt an Einsicht, dass rechtsextreme Gewalttaten unser Gemeinwesen einschneidender gefährden als islamistischer Terror, und dass linke Kritik niemanden tötet. 38 Jahre lang hat der Verfassungsschutz den Rechtsanwalt, Publizisten und Bürgerrechtler Dr. Rolf Gössner beobachtet und dabei eine 2000 Seiten starke Akte über ihn angelegt. Hat er befürchtet, Gössner würde Bomben ins Verfassungsgericht werfen? Nach § 129a Abs. 5 StGB - Unterstützung von und/oder Werbung für eine terroristische Vereinigung - sind 13 Ermittlungsverfahren gegen Rechte geführt worden, an die 700 waren es gegen linke und muslimische Verdächtige. Das BKA-Gesetz räumt bedenklich weit gehende Befugnisse ein.

 Das Bundes-Datenschutzgesetz (BDSG) §19 (3) lässt nur eingeschränkte Auskunftsrechte für die von Überwachung Betroffenen zu. Geheimdienste arbeiten mit nachrichtendienstlichen Methoden, die wir Bürger gar nicht und das Parlament und die Datenschutz-Beauftragten nur eingeschränkt und nur so kontrollieren können, dass die Kontrollergebnisse nicht öffentlich werden. Soll die Polizei nun mit diesen Ermittlungsresultaten umstrittener Methoden auf Verbrecherjagd gehen? Soll sie sie im Auftrag einer Staatsanwaltschaft bei Gericht vorlegen, um zu wiederholten Malen feststellen zu müssen, dass sie einer rechtsstaatlichen Überprüfung nicht standhalten und vom Gericht möglicherweise nicht als Beweismittel zugelassen werden? Zwar lassen die Gerichte schon auch mal Beweismittel zu, die auf obskuren, teils illegalen Wegen gewonnen wurden - das schadet aber den Gerichten, der Polizei und dem Rechtsstaat in den Augen einer kritischen Öffentlichkeit.

Wir teilen die Auffassung der Humanistischen Union: "Wer angesichts der eklatanten Fehleinschätzungen des thüringischen Verfassungsschutzes eine engere Zusammenarbeit des Geheimdienstes mit der Polizei fordert, überträgt dessen zweifelhafte Methoden auf die polizeiliche Arbeit und gefährdet damit zentrale rechtsstaatliche Sicherheiten."
Das Trennungsgebot darf nicht angetastet werden.

Mitgefühl und Solidarität

Wir fühlen mit der Gemeinschaft der *Bürgerinnen und Bürger*, die sich nach den Hinrichtungen durch die drei Terroristen aus Thüringen selbst Verdächtigungen ausgesetzt sah, obwohl die Umstände der Taten auf rechtsextreme Motive hinwiesen.

Menschen, die sich mit großem persönlichen Risiko gegen Rechts engagieren, lässt die Politik allein. Zivilcourage wird nicht ermutigt.

Es scheint einfacher zu sein, der Pawlowschen Datensammelwut freien Lauf zu lassen, als sich mit den Ursachen des Rechtsextremismus auseinanderzusetzen.

Wir fordern mehr Aufklärung statt mehr Daten, vor allem aber die lang- statt kurzfristige Förderung von Projekten wie „Schule ohne Rassismus“ und von Initiativen gegen den braunen Sumpf. Der Verfassungsschutz hat die 182 Todesopfer rechten Terrors, die Nichtregierungsorganisationen zählen, nicht verhindert. Er hat sich nicht als hilfreich erwiesen und schadet dem Rechtsstaat mehr als er nützt.