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FK 4/2011 Editorial

Von den Anfängen der Computertechnik und Informatik bis heute werden deren Errungenschaften militärisch genutzt. Ihre vielfältige und umfassende Verwendung in der Rüstungstechnik einerseits und bei der Planung und Organisation von Kriegen andererseits hat völlig neue Formen der Kriegsführung ermög- licht und die Bedrohung durch Kriege um einige perfide Kom- ponenten erweitert. Ein Beispiel sind Killerroboter, die programmiert töten und dabei zusätzlich die Illusion nähren, die eigenen Soldaten könnten verschont bleiben. Ein anderes Beispiel ist das, was unter den schillernden Begriff des Cyberwar fällt: Propaganda, Spionage, Sabotage mit Mitteln der Informations- und Kommunikationstechnik, um militärische und vor allem auch zivile Infrastruktur des Gegners lahmzulegen. Der Schwerpunkt in diesem Heft ist dem Themenkomplex Killerroboter, Cyberwar & Co. gewidmet, und es sollen neue Tendenzen der Verflechtung von Informatik und Rüstung zusammengestellt und kritisch erörtert werden.

Den Anfang bildet der Beitrag von Ute Bernhardt: Mahnen und Aufklären – Information Warfare und FIfF, in dem sie einen kurzen Abriss liefert, wie sich das FIfF seit der Gründung mit der Verquickung von Militärwesen und Informatik auseinandersetzt.

Die nächsten drei Beiträge lassen sich dem Thema Killerroboter zuordnen. Hans-Jörg Kreowski stellt die Frage: Gehören Killerroboter vor ein Kriegsgericht? Er verneint aus fachlicher Sicht, dass autonome Killerroboter, wie sie zukünftig geplant sind, das Kriegsvölkerrecht beachten können, und fordert, dass sie deshalb geächtet werden sollten. Eric Töpfers Beitrag Die Himmelsstürmer geht mit vielen interessanten Einzelheiten auf die Frage ein, wie die Drohnenlobby ihren Kriegsrobotern den zivilen Luftraum öffnet. Schließlich stellt Otto Reger das Fraunhofer- Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung vor, wobei er vor allem darauf eingeht, wie eine renommierte Forschungsinstitution zum effizienteren Töten beiträgt.

Der folgende Beitrag mit dem Titel Cyber-Krieg oder Cyber- Sicherheit stammt von Ingo Ruhmann. Er geht detailliert und differenziert auf das Phänomen Cyberwar ein und fragt sich: Wächst aus Abhängigkeiten auch die Einsicht?

Die letzten Beiträge des Schwerpunkts behandeln den Themen- komplex der friedensorientierten Bildung. Ute Bernhardt infor- miert kurz über den Studiengang Master of Peace Studies, der von 2001 bis 2010 an der FernUniversität Hagen lief. Ralf E. Streibl plädiert Für eine zivilisierte Bildung und Wissenschaft: „Um echten Frieden zu schaffen, ist Friedensfähigkeit notwen- dige Voraussetzung – hieran zu arbeiten ist eine große Heraus- forderung und zentrale Aufgabe für Bildung und Wissenschaft.“

Darüber hinaus passt die Retrospektive zum Schwerpunkt. Hans-Jörg Kreowskis Beitrag Informatik und Militär – Zusammen in den Abgrund aus dem Tagungsband der 3. FIfF-Jahrestagung 1986 in Berlin zeigt, dass sich an der Verflechtung von Informa- tik und Rüstung gar nicht so viel geändert hat. Es klang vor 25 Jahren vielleicht dramatischer und bedrohlicher, weil es vielfach um Massenvernichtungswaffen ging und sich zwei Weltmächte feindlich gegenüberstanden.

Der aktuelle Teil beginnt mit einem der wohl größten innen- politischen Skandale der letzten Zeit: dem vom Chaos Compu- ter Club enttarnten Staatstrojaner, dessen Fähigkeiten offenbar weit über das verfassungsmäßig erlaubte hinausgingen. Staat- lichen Hausfriedensbruch nennt das Dagmar Boedicker; sie nimmt engagiert dagegen Stellung. It‘s not the business of the customer ... überschreibt Dietrich Meyer-Ebrecht seinen höchst persönlichen Nachruf auf Steve Jobs.

Den weiteren Ereignissen, Störungen und Probleme der digita- len Gesellschaft widmet sich Stefan Hügel wie immer im Log 4/2011 – es kann wohl nicht mehr überraschen, dass wieder ei- niges zusammen gekommen ist.

In seinem Beitrag Urban Mining beschreibt Thomas Koschnick den nachhaltigen Umgang mit bereits verwendeten Ressour- cen und gesammelten Abfällen aus unserer urbanisierten Gesell- schaft, bei dem Städte nicht nur aus Verbrauchersicht betrachtet, sondern auch als Quelle wertvoller Ressourcen gesehen werden, die genutzt und wiederverwertet werden können. Wolf Ludwig beschreibt das Wechselbad von Zielkonflikten, das die Verständigung über Regeln im Netz begleitet und das im regel- mäßig stattfindenden EuroDIG – European Dialogue on Internet Governance – aufgelöst werden soll.

Kann ein genossenschaftlich organisiertes Unternehmen funkti- onieren?, fragt Dagmar Boedicker, und beantwortet die Frage anhand der 7-it eG aus München. Danach folgt ein Kurzbericht vom dritten AKtiVCongreZ, dem Treffen netzpolitisch Aktiver vom 7. bis 9. Oktober in Hamburg.

In der Rubrik Lesen haben wir uns dieses Mal zwei Ver- öffentlichungen angeschaut: Das erste ist – passend zum Schwer punkt – das Buch Cyberwar – das Internet als Kriegs- schauplatz von Sandro Gaycken. Dazu hat Britta Schinzel den Sammelband Informatik und Gesellschaft – Verflechtungen und Perspektiven von Hans-Jörg Kreowski unter die Lupe genom- men.

Wir wünschen unseren Leserinnen und Lesern eine anregende und interessante Lektüre – und viele neue Erkenntnisse und Einsichten.

Hans-Jörg Kreowski und Stefan Hügel
für die Redaktion