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Faire Computer

Saubere IT-Technik? So wird sie verkauft, aber hinter den Kulissen verbergen sich unfaire Arbeitsbedingungen und giftige Herstellungsverfahren in den Produktionsstätten der PCs, Smartphones und Tablets. FIfF öffnet den Vorhang.

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Das Blog "Faire Computer – Für eine sozialverträgliche IT-Produktion" finden Sie unter blog.faire-computer.de

 

Einführung


Green-IT kennt inzwischen jeder: das Bestreben, vor allem den Stromverbrauch von Computern und ihrer Peripherie zu senken und dies als Verkaufsargument zu nutzen. Auf der CeBIT 2009 steht Green-IT ganz vorne auf der Liste der Podiums- und Produktthemen. Deutschland, heißt es, muss hier Vorreiter werden, und Geld sparen tut es auch noch.

Computer sind aber nicht nur nicht green, sondern auch unfair, von der Rohstoffgewinnung bis zu ihrer Verschrottung. Unfair spart nämlich auch Geld, denn Geiz ist bekanntlich geil und blöd sind wir auch nicht. Dass wir dabei ganz eigennützig Mitmenschen ausbeuten, die uns diesen Computer herstellen, transportieren, verkaufen und entsorgen ist leider gar kein Thema. Sozial ist was Arbeit schafft?

Der Gedanke, faire Produkte anzubieten und zu kaufen, wird zunehmend populär, allerdings eher bei Kaffee und Schokolade, bei Bananen schon länger, zunehmend auch bei Kleidung. Bei Computern und Handys ist dieser Gedanke noch fremd. Ein Angebot an fairer IKT (Informations- und Kommunikationstechnologie) fehlt. Die Welt ist noch am Anfang, ja nicht einmal auf dem Weg, faire Computer herzustellen. Wir Konsumenten haben nicht die Wahl - verändern können wir aber durchaus etwas.

Diese Webseite soll über die unfaire Dimension unserer Technologien aufklären und Alternativen aufzeigen. Zunächst wird der Ist-Zustand anhand der einzelnen Stufen der Herstellung von IKT verdeutlicht, anschließend werden Ansatzpunkte zur Änderung vorgestellt. Begleitet finden sich weiterführende Quellen und relevante Webadressen.

Weiterführendes:

Wichtige Kampagnen, die allgemein zu fairer IT arbeiten:

  • PC Global: Globale Wertschöpfungsketten in der Computerindustrie (http://www.pcglobal.org/).
    Eine Initiative von Weed, Berlin (http://www.weed-online.org/)
  • Clean IT von Südwind, Österreich (http://www.clean-it.at/)
  • Fair Computer: Initiative von Brot für alle / Fastenopfer, Schweiz (http://www.fair-computer.ch)

  • Good Electronics, ein internationales Netzwerk für Menschenrechte und Nachhaltigkeit in der Elektrobranche (http://goodelectronics.org/)

 

Ist-Zustand: Wertschöpfungskette


Die Wertschöpfungskette bei der IKT-Herstellung ist, grob skizziert:

  • Rohstoffgewinnung in Südamerika oder Afrika

Transport vor allem nach Südostasien oder Latei-/Südamerika zur...

  • Produktion in Sonderwirtschaftszonen durch verschiedene Vertragspartner in drei Schritten: Bauteilherstellung, Zusammenstellung, Lötung, Montage der Geräte

Transport vorwiegend nach Nordamerika, Japan und Europa zwecks...

  • Verkauf durch Markenfirmen, Distributoren, Discounter
  • Nutzung privat, an Arbeitsplätzen und öffentlichen Einrichtungen
Transport meist nach Afrika oder Indien zur...
  • Verschrottung und Rohstoffrückgewinnung.


Rohstoffe

Computer und das Internet sind alles andere als immateriell. Viele auch seltene Metalle werden in Computer verarbeitet. Diese kommen vor allem aus Afrika und Südamerika. Die Rohstoffgewinnung ist dort eine oft schwach technisierte Industrie mit viel Menschenkraft und archaischen Gutsherren-artigen Strukturen. Durch unsere westliche Auftragsvergabe wirkt es wie eine Fortsetzung der Kolonialisierung mit globalwirtschaftlichen Mitteln.

Die Gegenden bleiben arm, trotz wertvoller und begehrter Rohstoffe. Die Gewinnung der Rohstoffe ist oft sehr giftig und ungesund für die Arbeiter. Für die Menschen knappes Wasser wird für die Industrie benötigt. Das Geld fließt in die Taschen weniger und finanziert in Extremfällen sogar Bürgerkriege.

Weiterführendes:


Fertigung

"Li Mei Zhuang arbeitet in Dong Guan (China) bei einem Hersteller für Computertastaturen. Sie montiert täglich in ihrer Produktionsstraße die Buchstaben H, G, T, Z, U, V, B und N auf 6.000 Tastaturen. Ihr Stundenlohn beträgt 3,1 Yuans, das sind 29 Cent. Im Juni 2006 wurde der Produktionsrhythmus erhöht. Insgesamt arbeitete Li Mei an 28 Tagen im Monat, Samstag und Sonntag inbegriffen, durchschnittlich 10,5 Stunden täglich. Im ganzen Monat Juni hatte sie nur zwei Tage frei. Der Lohn wurde jedoch der neuen Frequenz nicht angepasst: die Überstunden wurden nur teilweise angerechnet. Gemäß chinesischem Arbeitsrecht standen ihr inklusive Überstundenzuschlag am Ende des Monats 1098,95 Yuans (102,24 Euro) zu, erhalten hat sie 931,55 Yuans (86,55 Euro). Ihr Arbeitgeber hat Li Mei um fast 20 Prozent betrogen. Eine gängige illegale Praxis." Quelle: Brot für alle/Fastenopfer (2007): High Tech - No Rights?

Markenunternehmen - Fujitsu Siemens, hp (Hewlett-Packard), Lenovo (IBM), Acer, Dell, etc - beauftragen verschiedene, allgemein unbekannte Kontraktfertiger mit der Herstellung. Nachher setzen sie nur noch ihr Logo auf die Verpackung, kümmern sich ansonsten um das Marketing und den Vertrieb. Auch Forschung, Entwicklung und Design sind oft noch in den Industrieländern, ebenso finden Montage und Verpackung gelegentlich noch in westlichen Ländern statt, z.B. bei Siemens. Die eigentliche Fertigung der Geräte wurde ohne Ausnahme ausgelagert.

Kontraktfertiger (z.B. Excelsior, Compeq) residieren ausnahmslos in Niedriglohnländern, vor allem China. Sie beauftragen selbst wiederum Komponenten- und Bauteilhersteller weltweit, die sich spezialisiert haben auf die Herstellung eines ganz bestimmten Teils. In den Sonderwirtschaftszonen, die die Entwicklungs- und aufstrebenden Länder eingerichtet haben gibt es keine Zölle, wenig Steuern und eingeschränkte Arbeitnehmerrechte, um im globalen Wettbewerb mithalten zu können und um Arbeit zu schaffen.

Die Arbeiterinnen - meist sind es junge Wanderarbeiterinnen, die beeinflussbar und belastbar sind, auf der Suche nach Geld für ihre Familie - arbeiten unter schwierigen Umständen:

  • Keine Unterzeichnung oder Aushändigung eines Arbeitsvertrags, an dem das vorübergehende Aufenthaltsrecht allerdings gebunden ist
  • Keine Aufklärung über die Kodizes und die Arbeitsrechte, auch wegen fehlender unabhängiger Gewerkschaften, Organisationsfreiheit und Kollektivverhandlungen
  • 10-Stunden-Schichten mit kurzfristig angeordneten Überstunden, Wochenendarbeitszeiten und wenigen, fest vorgegebenen Pausen.
  • Unsichere, späte Gehaltszahlungen unterhalb des (in China oder Mexiko existierenden) Mindestlohns, der sowieso nicht existenzsichernd wäre
  • Strenge Regulierungen bzgl. Sprechen mit anderen Arbeiterinnen, Toilettenzeiten, Haarschnitt und Verhalten, mit finanziellen Sanktionen
  • Keine Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherungen, was den Arbeiterinnen oft nicht bewusst ist
  • Arbeiten in ungesunder Haltung und in giftiger Umgebung bei gleichzeitig mangelnden Sicherheitsvorkehrungen
  • Wohnen in unmittelbarer Werksumgebung, unter ständiger Beobachtung, gemeinsam mit 8 bis 15 anderen Arbeiterinnen in einem kleinen Raum

Erzeugt wird der Druck von den Markenfirmen. Sie verlangen eine hohe Flexibilität. Komponenten werden z.B. erst bezahlt, wenn ein Computer gebaut und verkauft wurde. Regelmäßige Neuausschreibungen von Zulieferungen erzeugen die gewünschte Konkurrenz.

Weiterführendes:


Transport

Die hier beschriebene globalisierte Produktion eines Computers ist nur möglich geworden durch die sehr günstigen Seetransporte. (Dieses Thema kommt im Rahmen fairer Waren praktisch nie vor.)


Vertrieb/Marketing/Verkauf

Computer- und Handy-Vertrieb finden entweder indirekt über den Großhandel mittels der Discounter, direkt beim Markenhersteller, in speziellen Marken-Shops oder Online statt. Den Preiskampf um immer günstigere Computer starteten die Discounter, in Deutschland vor allem Aldi, später die großen Elektrohäuser. Der Kampf verschärft sich zunehmend, da der Absatz an Hardware sinkt.

Auch die Berater und Verkäufer in den Geschäften in unseren Landen erleben den Druck anhand immer unsozialerer Arbeitsverträge.

Weiterführendes:


Konsum und Nutzung

Auch die Nutzung ist nicht fair. Konsumiert und in Auftrag gegeben werden Computer und Handys vor allem in den Industrieländern. Der Digital Divide zu den Entwicklungs- und aufstrebenden Ländern wird bei FIfF an anderer Stelle thematisiert, ebenso wie die Auswirkungen des Computers auf unser Arbeits- und Privatleben.


Entsorgung

Zwar herrscht in Deutschland eine Rücknahme und Entsorgungsverpflichtung durch die Hersteller (Elektro- und Elektronikgerätegesetz, kurz: ElektroG), aber nur ein Viertel aller Elektrogeräte werden ordentlich entsorgt. Der Rest bleibt zuhause, landet im Restmüll und damit auf einem Müllberg, auf einer wilden Deponie oder wird illegal ins Ausland transportiert. Legal wäre lediglich die Ausfuhr funktionstüchtiger (Alt-)Geräte zwecks Wiederverwendung, z.B. im Rahmen der Entwicklungshilfe. Vor allem in Asien und Afrika werden in gefährlicher Handarbeit Metalle aus den Schrottgeräten heraus gelöst, mit Chemikalien und Feuer.

Kampagne:

Weiterführendes:

 

 

Soll-Zustand: Für eine faire IT


Anhand verschiedener Strategien wird im folgenden aufgezeigt, was man unternehmen kann um die Situation zu verbessern.


Verhaltenskodizes

Um den Ruf zu retten, um Werbung zu machen, vielleicht sogar tatsächlich aus moralischen Gründen unterschreiben manche Markenunternehmen Verhaltenskodizes, in denen sie festlegen, was sie tun wollen und nicht tun dürfen. Oft behauptet die Markenfirma allerdings, auf die Lieferanten keinen Einfluss zu haben.

Das ist natürlich Unsinn. Es muss sich bei Verhaltenskodizes insbesondere um die Einkaufs- und Auftragspolitik drehen: Festlegungen welche ökologischen und sozialen Richtlinien die Zulieferbetriebe einhalten müssen, um beauftragt werden zu können.

Es gibt

  • unternehmensinterne Kodizes
  • Vorlagen unter Mitwirkung oder Leitung von NGOs oder Gewerkschaften und
  • staatliche, gesetzliche Instrumente. 

Die Kodizes unterscheiden sich in den Anforderungen und in dem Grad in dem ihr Einhalten kontrolliert und in wieweit bei Verstößen sanktioniert werden kann. Grad letzteres geht vielen Firmen zu weit.

Der einzige speziell für die Elektronikbranche entworfene Kodex ist der EICC = Electronic Industry Code of Conduct, dem alle bekannten Markenfirmen beigetreten sind außer Fujitsu-Siemens-Computers (FSC). Hier die Eckdaten des EICC:

  • Entworfen haben den Kodex die Firmen selbst, initiiert allerdings wurde er von der zivilgesellschaftlichen Kampagne "Clean up your computer"
  • Er beachtet nicht die Rohstoffgewinnung, ansonsten aber die ganze Wertschöpfungskette.
  • Er ist inhaltlich schwach. So werden nicht einmal die Kernarbeitsnormen der ILO (siehe unten) verlangt, z.B. nicht die Vereinigungsfreiheit, Aushändigung der Arbeitsverträge oder das Recht auf Kollektivverhandlungen. Vorhanden sind aber das Verbot von Kinderarbeit, Arbeitszeit- und Lohnregelungen.
  • Er stellt lediglich eine freiwillige Verpflichtung da. Es gibt kein Überprüfungsverfahren und auch keine Einklagbarkeit bei Nichteinhaltung.

Im speziellen Bereich der Entsorgung existiert das Baseler Übereinkommen (genauer: Baseler Konvention über gefährliche Abfälle) zur staatlichen Kontrolle von Abfallexporten, beobachtet vom Basel Action Network.

Die schon erwähnten Grundprinzipien der ILO = International Labour Organization (Internationale Arbeitsorganisation) beinhalten

  • Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen
  • Abschaffung von Zwangsarbeit
  • Abschaffung von Kinderarbeit
  • Verbot der Diskriminierung im Beruf

die in acht Übereinkommen, die auch als Kernarbeitsnormen bezeichnet werden, operativ umgesetzt werden sollen. Nicht Teil der ILO-Normen sind Gehaltsfragen.

Auf diese Normen bezieht sich auch die UN in ihrem Global Compact, einem Verhaltenskodex für Unternehmen, das von über 2500 Unternehmen unterzeichnet wurde. Auch hier ist eine Überprüfung der Einhaltung nicht vorgesehen.

Die OECD = Organisation for Economic Co-operation and Development (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) hat ebenfalls Empfehlungen an Regierungen entworfen, die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen. Sie beinhalten die kompletten ILO-Normen, Menschenrechtsfragen und auch Nachhaltigkeitsaspekte. Es gibt hier sogar einen Kontrollrat, bei dem man sich beschweren kann, in Deutschland unsinnigerweise im Bundeswirtschaftsministerium angesiedelt. Dieser empfiehlt dem Unternehmen daraufhin Maßnahmen, die dann aber nicht überprüft werden. Sanktionsmöglichkeiten sind ebenfalls nicht vorgesehen.

Ein Beispiel eines von NGOs entwickelten Normenkatalogs sind die Forderungen des GoodElectronics Netzwerkes.

Aktion:

Unser Ziel sollte es sein, die Einhaltung von Verhaltenskodizes zu beobachten und Verstöße publik zu machen.

Weiterführendes:

  • (Artikel) Uwe Kerkow, Jens Martens und Tobias Schmitt: Grenzen der Freiwilligkeit. Handlungsmöglichkeiten und Erfahrungen von NGOs und Gewerkschaften bei der Anwendung freiwilliger Selbstverpflichtungen der Wirtschaft. (http://www.weed-online.org/publikationen/19991.html)
  • (Beispiel) Continental AG: Beispiel für eine Beschwerde wegen Verstoßes gegen OECD-Richtlinien: http://www.germanwatch.org/tw/continental.htm.

Kampagne:

  • Corporate Accountability (CorA), ein Netzwerk für Unternehmensverantwortung zwecks Durchsetzung verbindlicher Instrumente zur Verpflichtung von Unternehmen zur Respektierung der Menschenrechte (http://www.cora-netz.de)



ArbeiterInnen vor Ort

Die Auslagerung der Produktion in Niedriglohnländer bedeutet immer auch eine Verlagerung hin zu gering organisierten Arbeitnehmern. Es gibt gelegentlich vereinzelte Proteste in Firmen, die oft mit Polizeigewalt unterbunden werden und somit wenig oder keine Effekte haben. Es fehlt in aller Regel eine firmen- und landesweite Organisation in Gewerkschaften weil es schlicht verboten ist oder weil die vorhandenen Verbände staatlich geregelt und gesteuert sind. In China gibt es zum Beispiel keine unabhängigen Gewerkschaften, nur eine Einheits"gewerkschaft" ACFTU als unternehmensorientierte Vermittlerin bei Streitigkeiten ohne jede Bindung an die Elektrowirtschaft in den Sonderwirtschaftszonen.

Aktion:

Wenn Arbeitnehmerschaft sich in einem Land zunehmend organisiert, droht stets die Verlagerung der Produktion in andere Länder, z.B. von China nach Nord-Vietnam. Ziel kann also nur die globale Vernetzung von Gewerkschaften sein, um gegenseitige Ausbeutung zu unterbinden. Wichtige Organisationen sind:

  • ILO = International Labour Organization (Internationale Arbeitsorganisation)
  • IMF =  International Metalworkers' Federation (Internationaler Metallgewerkschaftsverbund)
  • AMRC = Asia Monitor Resource Center (NGO für ArbeitnehmerInnenrechte in Asien)

Die Bildung von Gewerkschaften aus unseren Konsumentenländern zu fördern ist schwierig bis unmöglich. Die Kampgane von Brot für alle und Fastenopfer will erreichen, dass die Arbeiterinnen Weiterbildung erhalten und dadurch ihre Situation verbessern können. Wir können uns informieren (gelegentlich kommen Arbeiterinnen für Vortragsreisen nach Europa), finanzielle Unterstützung bieten und unsere eigene Einkaufspolitik überdenken.

Kampagnen:

  • Christliche Initiative Romero e.V.: Setzt sich für Arbeits- und Menschenrechte in Ländern Mittelamerikas ein, nicht speziell IT oder Elektronik (http://www.ci-romero.de/cora/)

 

Fairer Einkauf und öffentliche Beschaffung

Fakt ist, dass nur deswegen produziert wird, weil wir in den Konsumländern kaufen. Was wir kaufen hat daher Einfluss wie produziert wird. Jedes Schnäppchen ist eine Menschrechtsverletzung.

Aktuell besteht das Problem, dass wir bezüglich sozialer Standards keine Auswahl haben: Es gibt keine fairen Computer oder Handys. Jeder Einzelne von uns wird wenig beeinflussen können, ein Nichtkauf erscheint uns nicht die Lösung zu sein. Forderungen an die Firmen Angebote zu machen verhallen oder werden beantwortet mit dem Hinweis, dass die Markenfirmen selbst nicht die Auswahl hätten, denn sämtliche Zulieferer sind unfair.

"Die Stadt Neuss fühlt sich seit Jahren der Förderung des fairen Handels besonders verpflichtet und beabsichtigt, […] Sozialstandards […] noch stärker als bisher im städtischen Beschaffungs- und Vergabewesen zu berücksichtigen. Bei Ausschreibungen […] wird künftig folgender Passus aufgenommen: 'Berücksichtigung finden nur Produkte, die unter Beachtung der Sozialstandards der Internationalen Arbeitsorganisation ILO Nr. 29/105, 87, 98, 100, 111 und 138 und ohne ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne der ILO-Konvention 182 über die schlimmsten Formen der Kinderarbeit oder im Sinne der UNKinderrechtskonvention, Artikel 32–37 hergestellt sind, bzw. Produkte, deren Hersteller oder Verkäufer aktive zielführende Maßnahmen zur Umsetzung der o.g. Kernarbeitsnormen und zum Ausstieg aus der ausbeuterischen Kinderarbeit eingeleitet haben. […] Die Verwaltung prüft in regelmäßigen Abständen, ob sich Anhaltspunkte für die Aufnahme weiterer Produkte oder Produktgruppen ergeben und wird in diesem Fall den Hauptausschuss entsprechend unterrichten.'" (Zitiert nach Buy IT fair - Leitfaden zur Beschaffung)

Mehr Einfluss hat man bei größeren Bestellmengen. Deshalb konzentrieren sich viele Kampagnen und Initiativen darauf, bei der  öffentlichen Beschaffung - Behörden, Regierungsapparate, Universitäten und Schulen - soziale Kriterien durchzusetzen. Ein wichtiges Hilfsmittel dabei ist das im April 2009 in Deutschland angepasste ("Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts").

Vergaberecht auf Basis der Beschaffungsrichtlinien der EU. Dort sind neben ökologischen explizit auch soziale Kriterien genannt, natürlich als Kann-Regelung. Immerhin: Vorher mussten Behörden immer das finanziell günstigste Angebot unterschreiben, nun gelten auch andere Kriterien. Die Umsetzung in Deutschland ist allerdings schwach, die Schweiz ist da (obschon nicht in der EU) zum Beispiel viel weiter. In Deutschland steht Wirtschaftlichkeit ganz oben, allenfalls ökologische Kriterien werden öfter akzeptiert.

Es gibt Ausnahmen:

Alleine die öffentlichen Ausschreibungen betreffen 20% des deutschen IT-Marktes. Andere beeinflussbare Großkunden von IT sind Gewerkschaften, Kirchen und Vereine. Obschon die Elektrodiscounter einen sehr großen Anteil am IT-Markt haben, gibt es keine Organisation von Endkunden, dort soziale oder zumindest ökologische Angebote einzufordern.

Aktion:

Wir können versuchen Informationen bei den Herstellern und Händlern einzuholen, damit unser Interesse bekannt wird. Wir sollten versuchen, unsere Kommune zum Einfordern sozialer Standards (nicht nur im Elektrobereich) zu bewegen.

Kampagnen:


Weiterführendes:


Firmenrankings

Was im GreenIT-Bereich schon seit langem von Greenpeace unternommen wird, fehlt im sozialen Bereich weitestgehend: Ein Ranking von Firmen bzgl. der "fair-heit" ihrer Produkte und deren Herstellung. Ein Positiv/Negativ-Award fehlt ebenfalls.

Bei einem Vergleich von Brot für alle/Fastenopfer (Schweiz) schnitt HP = Hewlett Packard am besten ab, weil sie erstens ihre Lieferkette veröffentlichen und zweitens eine eigene Untersuchung in Auftrag gegeben und ebenfalls veröffentlicht haben.

Rankings:

 

Nichtkaufen/Wiederverwenden

Ob ein Nichtkaufen von IT-Geräten - ohne Zweifel wertvoll im ökologischen Sinne - eine soziale Tat ist, bleibt fraglich. Ist nicht das Auslagern der Produktion letztlich auch Entwicklungshilfe? Ist den ArbeiterInnen geholfen, wenn es ihre Arbeit gar nicht gäbe? Auf jeden Fall konnten die ausbeuterischen Strukturen nur entstehen durch unsere immense Kaufwut, die nur durch günstige Preise befriedigbar ist. Warum die Nutzungsdauer von Computern bei durchschnittlich nur 2 Jahren liegt bleibt jeden- und ebenfalls fraglich. Muss das sein?

Kampagne:

Weiterführendes:



Angebot

"Mit dem Projekt PHeFE wollen wir dem Beispiel anderer Produktgruppen (Kaffee, Kakao, Textil) folgen, die mit kleinen Projekten angefangen und es so geschafft haben auch größere Unternehmen dazu zu bewegen, ihr Sortiment um ein "faires" Produkt zu erweitern. Solange es keine Alternative zu den "unfairen" elektronischen Geräten gibt, halten wir es für unwahrscheinlich, dass die Firmen wirklich grundlegend etwas ändern werden, da es ohne Alternative ja auch kein Risiko für sie gibt. Deswegen arbeiten wir an dieser Alternative. Unsere Hoffnung ist, dass es vielleicht auch mal einen nachhaltig produzierten iPod o.ä. geben wird." (Quelle: www.phefe.de)

Es gibt keine fairen Computer, und wenn wir nicht gerade Chief Officer einer der Markenfirmen sind wird sich daran auch nichts ändern. Initiator zu sein ist schwer: Im Gegensatz zur Software ist die Hardware-Herstellung und -Vermarktung investitionsintensiv. Ein Nischenprodukt erfordert "early adopters", das Produkt wird wegen der geringen Menge sehr teuer und nur für Idealisten oder als Spaß interessant.

Aber die Lage ist nicht hoffnungslos: Das "Projekt zur Herstellung Fairer Elektronik" (PHeFE) will einen Anfang machen und selbst ein Gerät auf den Markt bringen, das unter nachhaltigen (sozial und ökologisch) Bedingungen gefertigt wird. Derzeit ist eine PC-Maus in Planung, die in Behindertenwerkstätten in Deutschland zusammengesetzt werden soll. Dort sollen auch die Formen gegossen und die Leiterplatten bestückt werden, beides unter Zuhilfenahme nachhaltiger Rohstoffe. Da das Problem „unfairer“ Teilelemente wie Kondensatoren etc. derzeit noch ungelöst ist, soll im ersten Schritt eine „teil-faire“ Maus entstehen, die dann Stück für Stück fairer werden soll.


Bildungs- und Bewusstseinsarbeit

Diese Webseite beinhaltet eine Menge von Hinweisen und Links zu fairer IT und ist damit Teil der Bildungs- und Bewusstseinsarbeit. Die eingangs erwähnten Kampagnen bieten eine Menge von Broschüren und anderem zur Verbreitung von Informationen zum Thema Fair-IT. Wichtig sind auch:

  • konkrete Tipps und Handlungsanweisungen z.B. zur Entsorgung
  • öffentliche Veranstaltungen mit Betroffenen mit Möglichkeit zur Diskussion
  • spezielles Material für Lehrveranstaltungen in Schule und Universität

Aktion:

  • Diese Webseite verbreiten und verlinken.
  • Kampagnen Geld spenden
  • Zu Vorträgen gehen oder selbst welche veranstalten.

Kampagnen:

  • makeITfair: Europäische Kampagne vor allem für jugendliche Konsumenten (http://makeitfair.org/).
    In Deutschland vertreten durch Germanwatch (http://www.germanwatch.org/)
  • I shop fair: KonsumentInnen-Initiative (http://www.ishopfair.net), nicht speziell IT oder Elektronik

Weiterführendes:

 

Öffentlichkeitswirksame Aktionen/Druck/Protest

Hier ein paar Aktionsbeispiele:

  • MakeITfair hat eine E-Mail/Postkarten-Aktion für SchülerInnen vorbereitet: http://makeitfair.org/aktiv-werden/email-action-DE
  • Germanwatch nutzt gelegentlich Aktionärsversammlungen: http://www.germanwatch.org/pubpress/p030522a.htm
  • ... oder besucht die CeBIT: http://www.youtube.com/watch?v=82rDxpNsLjU (2009) und http://www.germanwatch.org/presse/2008-03-04.htm (2008)
  • Die Universitätskampagne von weed "Unsere Uni kauft faire PCs" ist gerade im Entstehen: http://www.pcglobal.org/index.php?option=com_content&view=article&id=20&Itemid=11

Weiterführendes:



Politische Rahmensetzungen

Kommunale Lobbyarbeit kann zu geänderten Vergabegesetzen führen. Auf Bundesebene ist das CorA-Netzwerk bei Firmen recht aktiv, auf EU-Ebene die European Coalition for Corporate Justice (ECCJ).