Biometrie und Gesichtserkennung

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Gesichtserkennung ermittelt und vergleicht charakteristische Eigenschaften von Gesichtern bzw. Gesichtsbildern. Sie ist damit eines von vielen biometrischen Verfahren, die unter Anwendung von KI-Systemen anhand von Fotos, aber auch z.B. Videos, Bewegungs- und Sprechmustern, Personen identifizieren oder identifizierbar machen sollen. Sie werden zunehmend zur Unterstützung strafrechtlicher Ermittlungsverfahren eingesetzt. Die Erhebung, Speicherung, Verarbeitung personenbezogener Daten (wie Gesichtsbilder) unterliegt wegen ihrer möglichen diskriminierenden Auswirkungen den datenschutzrechtlichen Regelungen der EU (Datenschutzgrundverordnung).
Werden die derzeitigen Regierungspläne (sogenannte Sicherheitspakete zu beschließen) umgesetzt, dürfen BKA und Bundespolizei bald in ganz Deutschland verdächtige Personen anhand ihrer biometrischen Daten identifizieren und aufspüren.
Es Klingt anscheinend verlockend, wenn Straftäter damit effektiv und schnell überführt werden könnten. Die ausgeweiteten polizeilichen Kontrollbefugnisse unter Einbeziehung biometrischer Verfahren sind aber mit erheblichen gesellschaftlichen Risiken verbunden:
- Biometrische Verfahren vermessen Menschen digital – zwar mit zunehmender Präzision, aber nicht neutral. So erkennt die Gesichtserkennung weiße Gesichter aufgrund der KI-Trainingsdaten meist mit weniger Fehlern wieder als andere. Besonders Minderheiten mit deren Merkmalen Systeme weniger trainiert wurden, werden durch biometrische Verfahren häufiger fehlerhaft erkannt.
- Die polizeiliche Recherche ist technisch nur möglich, wenn bei der Personenidentifikation auf umfangreiche Vergleichsdatenbanken zugegriffen werden kann. Diese müssten vorher angelegt sein! Nach den Plänen der Regierung sollen hierfür auch öffentlich zugängliche Internet-Daten genutzt werden können. Suchmaschinen durchforsten dann fortlaufend das Internet und greifen massenhaft veröffentlichte Fotos und Videos ab, um die Personendatensammlungen aufzubauen.
- An vielen Orten findet Videoüberwachung statt, wird technisch aufgerüstet oder ist geplant - mit fortschreitend erhöhter Bildauflösung und besserer -qualität. Auch wenn die Speicherung und Verarbeitung der Videodaten zur Zeit noch gesetzlich beschränkt ist, sind bereits Forderungen zu vernehmen, etwa an Bahnhöfen Videoaufzeichnungen mit Gesichtserkennung zu verbinden.
Die KI-Verordnung der EU (AI-Act von 2024) zur Regulierung der Entwicklung und Nutzung von Künstlicher Intelligenz verbietet die biometrische Identifizierung von Personen sowie biometrische Identifikationssysteme in Echtzeit und aus der Ferne, worunter auch die Gesichtserkennung fällt. Diese Regelungen müssen allerdings in Deutschland noch umgesetzt werden.
Im Gegensatz zu bisheriger eher orts- statt personenbezogener Überwachung im öffentlich zugänglichen Raum und auch Online sind biometrische Technologien auf persönlicher Ebene eine neue Dimension des Eingriffs in die Grundrechte. Unabhängig von Softwarequalität und Stand der Technik sind biometrische Technologien schon vom Wesen her fehleranfällig und haben bereits zu erheblichen Problemen für einzelne Menschen geführt. Sogenannte Sicherheitspakete unter Einsatz von Gesichtserkennung etc. sind eine nur scheinbare und sehr technische Lösung für gesellschaftliche Probleme und führen darüber hinaus zu weitreichenden gesellschaftlichen Folgen. Das FIfF beobachtet die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen seit Jahren und begleitet das Aufkommen von Begehrlichkeiten und Tests wie etwa am Berliner Bahnhof Südkreuz kritisch.
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