FIfF Jahrestagung 2007

Datensammelwut

Abstraktes Schwarz-Weiß-Bild einer menschlichen Gesichtshälfte, die in einem stilisierten, konturlinienartigen Muster dargestellt ist. Die linke Bildhälfte zeigt deutlich ein Auge, eine Nase und einen Mund, während die rechte Bildhälfte in dynamische, strahlenförmig verlaufende Linien aufgelöst ist, die vom Gesicht wegführen. Der Hintergrund ist weiß, was den Kontrast zur texturierten Gesichtsdarstellung verstärkt.

Resignation

C. Antonius (Beitrag zum FIfF-Fotowettbewerb 2006)

  • 13.10.2007 11:00 bis 22:00
  • Ravensberger Spinnerei
  •  Bielefeld

Die meisten Menschen in Deutschland, soweit sie das Kindesalter überschritten haben, hinterlassen unzählige Datenspuren mit jedem Telefonat, jeder SMS, jeder E-Mail, jeder Überweisung, jedem Gebrauch von Kreditkarten, EC-Karten und Kundenkarten aller Art, jedem Vorbeigehen an einer Videokamera, jedem Ausfüllen und Abschicken eines Internet-Formulars und bei vielen anderen Aktivitäten und Gelegenheiten. Das wäre nicht so schlimm, wenn diese Daten nicht in vielfältiger Weise von Staat und Wirtschaft aufgezeichnet, verknüpft und verwendet würden oder werden könnten für Kunden-, Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile, zur Kontrolle, Überwachung und Ausspähung. Datenschutz, der Schutz der Privatsphäre und andere Grundrechte bleiben dabei häufig auf der Strecke.

Und der Hunger von Polizei, Geheimdiensten, anderen staatlichen Einrichtungen und in der Wirtschaft nach Daten der Bürgerinnen und Bürger bleibt unersättlich. In mehreren Staaten der Europäischen Union werden inzwischen bereits alle Telekommunikationsdaten hinsichtlich Sender und Empfänger mindestens sechs Monate als Vorratsdaten gespeichert. Um vielleicht einen Kriminellen leichter zu überfuehren, werden also 200 von den 450 Millionen Menschen in der EU unter Generalverdacht gestellt. Der US-amerikanische Geheimdienst verlangt über alle europäischen Fluggäste, die die USA besuchen, eine umfangreiche Datensammlung, die selbst die Essenswahl während des Fluges und das Reisebuero, in dem das Ticket gekauft wurde, umfassen. Der deutsche Innenminister wünscht sich die dauerhafte Verfügbarkeit aller Fingerabdrücke, die in den Meldestellen bei der Ausstellung eines Passes neuerdings abgenommen werden. Am liebsten hätte er sicherlich noch den "genetischen Fingerabdruck" aller 80 Millionen Deutschen, damit jedes weggeworfene Taschentuch und jede Zigarettenkippe persönlich zugeordnet werden können. Die Datensammelwut hat längst die Grenze des Zumut- und Hinnehmbaren überschritten. Ob sie zu mehr Sicherheit führen kann, ist ungewiss und eher unwahrscheinlich. Die Freiheit wird aber auf jeden Fall geopfert. Der Bundesdatenschutzbeauftragte kritisiert in seinem jüngst vorgelegten Datenschutzbericht, dass auf staatlicher Seite immer neue Ideen entwickelt werden, Daten zu sammeln ohne Ruecksicht und Beachtung der Grundrechte. Er beklagt aber auch, wie leichtfertig und gedankenlos viele Bürgerinnen und Bürger Informationen privater Art zur Verfügung stellen.

Auf der 23. FIfF-Jahrestagung am 13. Oktober 2007 soll das Thema "Datensammelwut" ins Zentrum der Diskussion gestellt werden. Im historischen Saal der Ravensberger Spinnerei in Bielefeld werden am Freitag, den 12. Oktober 2007, abends die Big Brother Awards (BBA) an die schlimmsten "Datenkraken" des Jahres vergeben. Diesen Faden nimmt die FIfF-Tagung am selben Ort auf. Das inhaltliche Programm (siehe Uebersicht) beginnt am Samstag um 14 Uhr mit dem Eroeffnungsvortrag von padeluun, dem bekannten Bielefelder Kuenstler, Netzaktivisten und Vertreter des FoeBuD. Von 15 bis 17 Uhr werden parallele Arbeitsgruppen stattfinden. Um 17 Uhr hält Constanze Kurz (Humboldt-Universitaet zu Berlin und CCC) den zweiten Hauptvortrag über Biometrische Vorratsdatenspeicherung. Der Abend ist dann dem informellen Austausch und einem kulturellen Programm vorbehalten. Die alljährliche Mitgliederversammlung, bei der in diesem Jahr auch Vorstandswahlen durchgefuehrt werden, ist vor dem inhaltlichen Programm für Samstag von 11 bis 13 Uhr angesetzt. Wir hoffen, dass dadurch viele Mitglieder teilnehmen können, ohne dass sich Nichtmitglieder zwischendrin ausgeladen fühlen.

Wer sich an der weiteren Vorbereitung beteiligen oder eine Arbeitsgruppe organisieren möchte, wer noch Anregungen und Wünsche z.B. für das Samstagabendprogramm hat, möge sich bitte einfach per E-Mail melden.

Programmübersicht FIfF-Jahrestagung 2007

Samstag, 13. Oktober

11 - 13 Uhr Mitgliederversammlung
13 - 14 Uhr Anmeldung zur Tagung
14 - 15 Uhr Hauptvortrag von padeluun (FoeBuD e.V., Bielefeld)
             Daten fordern Menschenschutz -
             Warum "Datenschutz" das falsche Wort für eine richtige Idee ist
15 - 17 Uhr Arbeitsgruppen

Arbeitsgruppe 1: Diskussion und Planung einer FIfF-Kampagne zur Datensammelwut (Moderation: Werner Hülsmann)

Arbeitsgruppe 2: Die Zukunft der FIfF-Kommunikation

17 - 18 Uhr Hauptvortrag von Constanze Kurz (Humboldt-Universität zu Berlin)
             Biometrische Vorratsdatenspeicherung
18 - 22 Uhr nettes Beisammensein mit Kulturprogramm
             geplante Beiträge
             "Weizenbaum, Rebel at Work"
             Dokumentarfilm von Silvia Holzinger und Peter Haas (Il Mare Film);
             "In der Datenfalle"
             PowerPointParodie von Hans-Jörg Kreowski

Organisiert von

Publikationen dazu

Cover der FIfF-Kommunikation 4/2007

FIfF-Kommunikation 4/2007

Datensammelwut Datensammelwut

weiterlesen

Verwandte Themen

Das Bild zeigt eine Person mit orangefarbenen Haaren, die mit einer großen, abstrakten digitalen Spiegelstruktur interagiert. Die Struktur besteht aus Quadraten in verschiedenen Grün-, Orange-, Weiß- und Schwarztönen, die so zusammengesetzt sind, dass sie die Figur der Person widerspiegeln. Die Hand der Figur ist ausgestreckt, als würde sie auf die Spiegelstruktur zeigen oder mit ihr interagieren. Hinter der Struktur befinden sich orangefarbene Ströme aus Binärcode (Nullen und Einsen), die in Richtung des digitalen Gitters fließen.

Grundrechte und Datenschutz

Das FIfF sieht in der Sensibilisierung der Gesellschaft für Datenschutz und Grundrechte eine wichtige Mission. Bürger:innen sollen so vor negativen Auswirkungen im digitalen Raum geschützt werden. Wir erstellen u.a. Gutachten, Datenschutzanalysen und beraten zivilgesellschaftliche Organisationen. Das FIfF sieht in der Sensibilisierung der Gesellschaft für Datenschutz und Grundrechte eine wichtige Mission. Bürger:innen sollen so vor negativen Auswirkungen im digitalen Raum geschützt werden. Wir erstellen u.a. Gutachten, Datenschutzanalysen und beraten zivilgesellschaftliche Organisationen.

Vertiefendes zu diesem Thema

Eine Plastikfigur, die einem Menschen ähnelt, sitzt in einem dunklen Raum auf einem Tisch vor einem Laptop. Lange Schatten verbreiten eine düstere Stimmung.

Arbeit

Die Auswirkung von Informationstechnik auf Arbeit ist einer der Themenschwerpunkte des FIfF, der mit weiteren FIfF-Themen und -Forderungen in enger Verbindung steht. Die Auswirkung von Informationstechnik auf Arbeit ist einer der Themenschwerpunkte des FIfF, der mit weiteren FIfF-Themen und -Forderungen in enger Verbindung steht.

Vertiefendes zu diesem Thema

Ein junger schwarzer Mann blickt in die Kamera. Er trägt einen Bademantel und hat ein Handtuch um den Hals, dahinter ist eine grüne Tapete zu sehen. Sein Gesicht ist mit einem weißen Drahtgitter abgebildet.

Biometrie und Gesichtserkennung

Gesichtserkennung vermisst Menschen digital aber nicht neutral – ist dabei fehleranfällig, übergriffig und ermöglicht Überwachung auf persönlicher Ebene. Das FIfF beobachtet Begehrlichkeiten, Tests und den Einsatz kritisch. Gesichtserkennung vermisst Menschen digital aber nicht neutral – ist dabei fehleranfällig, übergriffig und ermöglicht Überwachung auf persönlicher Ebene. Das FIfF beobachtet Begehrlichkeiten, Tests und den Einsatz kritisch.

Vertiefendes zu diesem Thema

Riesige Stapel von Papier die unordentlich angeordnet sind.

Vorratsdatenspeicherung

Die Vorratsdatenspeicherung gefährdet Grundrechte und Privatsphäre. Das FIfF warnt vor Massenüberwachung ohne Verdacht. Die Vorratsdatenspeicherung gefährdet Grundrechte und Privatsphäre. Das FIfF warnt vor Massenüberwachung ohne Verdacht.

Vertiefendes zu diesem Thema