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Computerspiele und Politik

Mitwirkende: ralfs

Rezension von Ralf E. Streibl

Zur Konstruktion von Politik und Gesellschaft in ComputerspielenCoverbild Computerspiele und Politik ist dieser Sammelband untertitelt. Dahiner verbirgt sich ein interessanter Ansatz und eine spannende Grundfragestellung. Anstatt – wie leider immer noch oft üblich – Einflüsse von Computerspielen auf die Spielerinnen und Spieler vor dem Hintergrund einfach gestrickter Wirkungstheorien zu behaupten, nähern sich die aus verschiedenen geisteswissenschaftlichen Disziplinen stammenden Autorinnen und Autoren in ihren Beiträgen von einer andern methodischen Seite und versuchen eine Rekonstruktion der Darstellungen von Politik und Gesellschaft in Computerspielen. Zugrunde liegt die (nicht neue) Idee, dass in nahezu allen Computerspielen politisch-gesellschaftliche Aussagen enthalten sind.

Tobias Bevc vertritt die These, dass „diese Aussagen in den gängigen und erfolgreichen Computerspielen durchweg eine Ideologie des Bestehenden transportieren“ (S.50) und somit die Realgesellschaft stark vereinfacht darstellt, nicht hinterfragt, sondern kritik- und alternativlos anerkannt wird. Julian Kücklich betrachtet in seinem Beitrag Online-Rollenspiele, die er als „virtuelle Zivilgesellschaften“ ansieht. Er kritisiert jedoch, dass durch die Vorgaben und Möglichkeiten der Spiele-Anbieter „die Spieler in einer Art und Weise ihrer Rechte beraubt werden, die in der realen Welt niemals toleriert würde“ (S.71). Er vergleicht die Entmündigung von Online-Rollenspielern mit neoliberalen Einflüssen in der realen Gesellschaft und stellt eine interessante These auf: „In einer Welt, in der der öffentliche Raum zunehmend kleiner wird, mögen Online-Rollenspiele als Rückzugsräume erscheinen, aber tatsächlich werden sie der realen Welt immer ähnlicher“ (ebd.). Neben eher theoretisch-methodischen Reflexionen enthält der Band auch konkrete Analysen, so z.B. von Spielen mit historischem Inhalt, sowie einen Beitrag über die „Veränderung des traditionellen Sportbildes in Gesellschaft und Politik durch eSport“.

Fazit: Die Beiträge des Bandes mögen für die einzelne Leserin bzw. den einzelnen Leser je nach konkretem Interesse unterschiedlich interessant sein, wie dies ja oft bei Tagungsbänden der Fall ist. Insgesamt ist der Band ein erfreulicher Versuch, die gesellschaftliche Diskussion über Computerspiele auf andere Fragestellungen zu bringen und die in Computerspielen transportierten Weltbilder expliziter zu machen.

Tobias Bevc (Hrsg.): Computerspiele und Politik. Zur Konstruktion von Politik und Gesellschaft in Computerspielen. Münster: Lit, 2007.